Mit digitalen Tools in Fremdsprachen kommunizieren
Wie können Sie an den verschiedenen Kontaktpunkten vor und während der Reise mit internationalen Gästen auch ohne Fremdsprachen kommunizieren? Einen Überblick über Apps und Tools zur Verminderung der Sprachbarrieren erhalten Sie in unserem Gastbeitrag von Martin Fennemann.
Text: Martin Fennemann, Redaktion: Tijana Milunovic
Die Sprachbarriere am konkreten Beispiel
Mangelnde Fremdsprachenkenntnisse im Deuschlandtourismus haben mehr Relevanz als mir das als langjähriger Werber um internationale Gäste lieb sein konnte. Im Laufe der Jahre hatte ich mitbekommen, dass viele Gäste aus Südeuropa ungern Englisch sprechen und dass es bei Polen oder Chinesen eine noch weitaus größere Sprachbarriere gibt. Unterwegs in Brandenburg mit Israelis musste ich dann feststellen: selbst Englischkenntnisse kann ich vor Ort nicht immer voraussetzen. „Are there any vegetarian alternatives on the menu for the journalist?“ Antwort „Äh…, what? Hier besteht Handlungsbedarf! Mit den Fortschritten in der KI-Entwicklung kann der Einsatz digitaler Apps und Tools zur Spracherkennung und ÜbersetzungAbhilfe verschaffen.
Ein Überblick:
Tools vor der Reise
Website
Mit der Einrichtung einer API-Schnittstelle für automatische Übersetzung wie bei der Seite des Seenland Oder-Spree kann Ihr Angebot frühzeitig für die Reiseentscheidung internationaler Gäste relevant werden.
Chatbots
Sobald Chatbots in der Standardsprache trainiert sind, lassen sie sich in einer nächsten Stufe auf eine oder mehrere Fremdsprachen erweitern. Beispiele sind hier die Chatbots von Schweiz Tourismus oder des Kongresshotels Potsdam.
Social Media
Ihre eigenen Social Media Kanäle bieten Ihnen die Möglichkeit, ausgewählte Inhalte auch bei Gästen in anderen Ländern zu promoten.
Virtuelle Touren
Mit virtuelle Touren ermöglichen Sie die mehrsprachige Inspiration schon von zuhause aus und vor Ort verkürzen sie die Wartezeit bis zum Einlass. Ein Beispiel hierfür sind die in 6 Sprachen verfügbaren VR Touren im Schloss Schönbrunn in Wien (ab min 13.20).
Tools vor Ort
Im Restaurant
Menutech bietet Gastronomen eine von Menschen angefertigte und kuratierte Grundlage für die Speisekartenübersetzung. Der englische Übersetzungsservice ÜbersetzMahl steht bisher nur Gastronomen aus dem Bundesland Hessen zur Verfügung.
In der Tourist-Information
Übersetzungen von Spracheingaben bis zu 60 Sekunden am Stück bietet das eigenständige Gerät VSACO Translator, das u.a. in der Tourist-Information in Krakau eingesetzt wird. Mit geteilten Kopfhörern arbeitet ein System von Timekettle.
Im Hotel
Über das Hotelboard von Gastfreund können FAQ mittels KI-Übersetzung in Fremdsprachen bereitgestellt werden. Auch können internationale Gäste und Hotelteam miteinander in der jeweiligen Muttersprache kommunizieren.
Im Museum
Mehrsprachige Audio-Guides in Museen bietet die App Guide Pilot, die u.a. von der Hamburger Kunsthalle, dem Museum Barberini in Potsdam und der Klassik-Stiftung in Weimar genutzt wird.
Gästeführungen
Mehrsprachige Gästeführungen ermöglichen die App Smartguide, die Web-App Maqnify und als MessengerBot die Digitalwerkstatt Blaue Dächer. Beispiele von Augmented Realtity Anwendungen sind Yona (Beuys Digitaltour, AR-Tour Köln, Museum Lüneburg), SpotAR (SoesTour und PottBot), Neon Real (Essen 1887) und Zaubar (ehm. Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen, Zuschlag für sechs modellhafte AR-Anwendungen in Brandenburg).
Videoübersetzung
Einen regelrechten Entwicklungssprung gibt es bei der Video-Übersetzung. Beeindruckende Qualität an Echtzeit-Übersetzung für Streaming, Veranstaltungen und Transkription bieten Vidby, HeyGen und das DSGVO-konforme VIDEO.TAXI.
Wie fangen Sie an?
Die folgenden Fragen helfen Ihnen dabei, sich das Spektrum der Tools zu erschließen:
- Welche digitalen Systeme haben Sie bereits im Einsatz und welche Digitalisierungsprojekte stehen bei Ihnen als nächstes an? Zunächst ist es wichtig, die Fremdsprachigkeit überall mitzudenken.
- Nutzen Sie digitale Gästemappen? Der Einsatz ermöglicht es Ihnen, die wichtigsten FAQ in verschiedenen Sprachen bereitzustellen. Die Übersetzung erledigt die KI.
- Nicht nur in Deutsch geben Erklärvideos eine Hilfestellung. Hausboot- und Kanuanbieter zum Beispiel können ihre Einweisungen zu Sicherheits- und Bedienungshinweisen in Fremdsprachen verständlicher gestalten.
- Bieten Ihre Gästeführer ihre Touren nur am Wochenende oder nur auf Deutsch an? Dann prüfen Sie, wie die Touren auch dauerhaft mehrsprachig über eine App verfügbar gemacht werden können.
- Haben Sie Mitarbeiter aus anderen Ländern? Nutzen Sie diese! Testen Sie mit ihnen die Verwendung von Übersetzungs-Apps auf Ihre Tauglichkeit für den Einsatz beim Gast.
Ausblick
Es lohnt sich für Sie, erste Erfahrungen mit fremdsprachigen Anwendungen zu sammeln. Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz, Spracherkennung und Übersetzung hat mächtig an Fahrt aufgenommen. Werfen Sie mal einen Blick auf die Weiterentwicklungen von Meta SeamlessM4T und OpenAIs ChatGPT-4o (ab min 21.50). Und das wichtigste: Probieren Sie aus! Mit ersten Erfahrungen haben Sie bei der nächsten Tool-Generation ein besseres Gespür für die Lösungen ihres ganz konkreten Anwendungsbedarfs.
Der Autor:
Martin Fennemann
Martin Fennemann war 15 Jahre lang Leiter Auslandsmarketing der TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH. Während dieser Zeit standen wachsenden internationalen Gästezahlen mangelnde Fremdsprachenkenntnisse in den Regionen und touristischen Betrieben gegenüber. Polen als wichtigster Quellmarkt Brandenburgs weist zudem eine größere Sprachbarriere auf als benachbarte westeuropäische Quellmärkte, sodass dem Thema konsekutive und simultane Übersetzung in Brandenburg stets eine große Bedeutung zukommt. Zur Verbesserung sprachlicher Services für internationale Gästen beschäftigte sich Martin Fennemann intensiv mit den Möglichkeiten der digitalen Kommunikation und schrieb im Rahmen seiner jetzigen Freelance-Tätigkeit das Drehbuch zur Teejit-Erklärvideoserie „Digitale Tools zur Kommunikation in Fremdsprachen“.